Die Folgen des Brexit für die ca. 9.000 in Deutschland registrierten britischen Limiteds sind noch rechtlich und wirtschaftlich unklar. Für die im Inland registrierten Zweigniederlassungen britischer Limiteds könnte der Brexit gesellschaftsrechtlich beachtliche Folgen haben.

Die Problematik ist Folgende:

Wenn ein ausländisches Unternehmen in Deutschland ein Tochterunternehmen ( juristisch und wirtschaftlich gibt es einen großen Unterschied zwischen Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen) gründet ist dies regelmäßig mit hohen bürokratischen und administrativen Anforderungen verbunden. Genau dieses Problem könnte sich jedoch für die englischen Limiteds, die am deutschen Markt arbeiten in Folge des Brexits in Zukunft ebenfalls ergeben. Die Tatsache, dass die englischen Limiteds, die mit ihren Zweigniederlassungen u.U. in Deutschland aufgrund des Brexit nicht mehr wie bisher ihre geschäftliche Tätigkeit entfalten können, liegt daran, dass der Brexit zu einem Verlust der Niederlassungsfreiheit dieser Gesellschaften führt.

Die Folge wäre, dass bisher am deutschen Markt tätige englische Limiteds eine neue Gesellschaft gründen, oder die Gesellschaft umwandeln müssten.

Beides ist üblicherweise komplex und bedarf i.d.R. anwaltlichen Rats. Bis Dato ist Großbritannien Mitglied der EU. Die Rechtsfolge ist, dass sich Unternehmen innerhalb der EU eine Gesellschaftsform und damit auch ein Gesellschaftsrecht wählen können. Durch die Niederlassungsfreiheit sind Unternehmen innerhalb von EU-Staaten berechtigt, Zweigniederlassungen zu gründen und im EU-Ausland marktwirtschaftlich tätig zu werden, vgl. EuGH, Urt. v. 5.11.2002, Rs. C-208/00, Slg. 2002, I-9919 – Überseeing; EuGH, Urt. v. 30.9.2003, Rs. C-167/01, Slg. 2003, I-10155 – Inspire Art.

Würde in der Tat durch den Brexit die Niederlassungsfreiheit entfallen, so wäre die Rechtsfolge wahrscheinlich, dass die englischen Limiteds in der Bundesrepublik Deutschland rechtlich behandelt würden, wie eine GdbR oder eine OHG. Dadurch würden die Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen haftbar gemacht werden können.

Die Struktur einer Ltd. nach engl. Recht und deren Attraktivität als Unternehmensform in der Zukunft sind Gegenstand dieses Rechtstipps.

Vorbemerkung

Mandanten, die in Erwägung ziehen ein Unternehmen zu gründen, wünschen oftmals die Beratung zu den in Deutschland möglichen unterschiedlichen Rechtsformen und deren Vor- und Nachteilen.

In der Bundesrepubik Deutschland existieren aktuell grob 1,1 Mio GmbHs. Dies ist die häufigste Rechtsform eines Unternehmens. Dagegen existieren etwa 16.000 AGs und ca. eine viertel Million Kommanditgesellschaften, wovon grob und überschlägig 85% GmbH & Co. KGs sind. Weiterhin firmieren ca. 25.000 Unternehmen unter der Rechtsform der OHG.

Dieser Artikel widmet sich der in Deutschland relativ seltenen Rechtsform eines Unternehmens, der private company limited by shares ( im Folgenden: Limited oder Ltd.), sowie alternativ der Ltd. & Co. KG.

Der GmbH wird in Deutschland im Geschäftsleben i.d.R. der Vorzug gegeben, weil sie hohes Ansehen unter anderen Geschäftspartnern und bei Kunden genießt. Die englische Limited ist dann eine Alternative, wenn z.B. das Grundkapital von 25.000 €, bzw. 12.500 € in bestimmten Fällen, zur Firmengründung nicht aufgewendet werden soll oder kann.

Der entscheidende Punkt ist, dass die englische Limited in Deutschland Niederlassungen gründen kann.

Die private company limited by shares ist von ihrer Rechsform her eine Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung wie die GmbH, jedoch auf Aktienbasis. Für das Nominalkapital gilt jedoch keine gesetzliche Untergrenze. Eine Obergrenze ist ebenfalls nicht geregelt.

A. Die englische Limited

I. Gründung einer Limited

Die Gründung einer Limited erfordert die Eintragung in das Gesellschaftsregister von Cardiff, Edinburgh oder Belfast. Weiterhin muss die Registerbehörde die Gründungsurkunde, das sog. certificate of incorporation, aushändigen. Eine Limited kann nicht nur von einer natürlichen Person gegründet werden, sondern auch von einer juristischen. Die Zeit, die die Gründung einer Limited in Anspruch nimmt, liegt in England in der Regel bei zwei Wochen. Es ist jedoch auch eine Gründung binnen 24 Stunden möglich. Die Gründung einer Limited als Einpersonengesellschaft ist möglich. Mit der Aushändigung der Gründungsurkunde erlangt die Limited Rechtsfähigkeit. Im Unterschied zum deutschen Recht bildet eine Limited vor ihrer Eintragung in das Gesellschaftsregister keine sog. Vorgesellschaft.

Die Rechtsfolge ist gravierend: Handelt eine Person im Rahmen einer noch nicht rechtlich existenten Limited und tätigt Geschäfte für diese, ist sie grundsätzlich persönlich haftbar (vgl. sec. 51(1) CA 2006). Es ist jedoch möglich die persönliche Haftung auszuschließen.

Um eine Limited registrieren zu lassen sind mit dem Registrierungsantrag folgende Unterlagen einzureichen:

  • Memorandum of Association. Dieses muss enthalten:
  1. Firmennamen
  2. Sitz
  3. Gesellschaftszweck
  4. Haftungsbeschränkung
  5. Das Gesellschaftskapital und dessen Stückelung
  6. Namen der Gesellschafter
  7. Zahl der von diesen gezeichneten Anteilen und deren Unterschriften
  • Articles of Association, d.h. die Satzung. Diese muss folgendes enthalten:
  1. Die Höhe des Kapitals und der unterschiedlichen Rechte am Kapital
  2. Die Bestimmungen zur Verwaltung der Anteile
  3. Regelungen zur Gewinnausschüttung
  4. Regelungen zur Gesellschafterversammlung
  5. Bestimmungen zur Geschäftsführung und zur allg. Verwaltung der Limited

Wird bei der Gründung keine eigene Satzung erstellt, gilt die Modellsatzung.

II. Sitz der Gesellschaft 

Das registered office, d.h. der Satzungssitz einer Limited kann sich in England, Wales, Schottland oder Nordirland befinden. Ganz wesentlich ist, dass er keine Verbindung zum tatsächlichen Geschäftsgang bzw. Geschäftsbetrieb oder dem / den Geschäftsführer/n aufweisen muss. Am registered office können jedoch – und dies ist zu berücksichtigen – sowohl amtliche Mitteilungen, als auch Klagen gegen die Gesellschaft rechtswirksam zugestellt werden. Es ist daher erforderlich die postalische Erreichbarkeit in England sicherzustellen. Wird dies verabsäumt, kann dies Folgen haben bis hin zur Löschung der Gesellschaft.

III. Organmäßige Vertretung der Limited

Die Geschäfte einer Limited werden geführt von einem director und einem sog. company secretary. Die Figur des company secretary kennt das deutsche Recht nicht. Ihm sind z.B. Funktionen zugewiesen wie die Unterzeichnung des Berichts der Direktoren im Abschluss, als auch die Vorbereitung und Unterfertigung des sog. annual return und er übt verschiedene Funktionen bezüglich des Gesellschaftsregisters der Limited aus. Bei größeren Limiteds kann es erforderlich sein, einen Auditor, d.h. einen Wirtschaftsprüfer, zu bestellen. Zum director einer Limited kann nur eine natürliche Person bestimmt werden, bei mehreren spricht man von einem board of directors. Der director bzw. das board of directors nimmt die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft nach außen wahr. Im registered office muss ein Verzeichnis der Gesellschafter der Limited hinterlegt und für die Öffentlichkeit einsehbar sein. Es muss Namen, Anschriften, sowie den Beginn und das Ende der Gesellschafterstellung, als auch Angaben zu den jeweils gehaltenen Anteilen enthalten.

IV. Einlagen der Gesellschafter

Einlagen in eine Limited können in geldwerter Art, aber auch durch Arbeits- und Dienstleistungen, oder in einer sonstigen Vermögenswerten Leistung erbracht werden. Nicht erforderlich ist, dass ein Wirtschaftsprüfer die nicht in Bar erbrachten Leistungen bewertet.

V. Gewinnausschüttung

Grundsätzlich erfolgen Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter einer Limited in der Höhe der von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile. Nach englischem Recht dürfen jedoch nur erwirtschaftete Gewinne ausgeschüttet werden. Diese müssen nach Verrechnung mit Verlustvorträgen am Ende des Geschäftsjahrs tatsächlich vorhanden gewesen sein. Dagegen müssen Gewinne, die die Gesellschaft z.B. aus schwebenden Geschäften erlöst, in der Gesellschaft verbleiben. Haftungsrechtlich gilt in diesem Zusammenhang folgendes: Die Direktoren haften auf den vollen ausgeschütteten Betrag, wenn die Gesellschaft Gelder an Gesellschafter auskehrt, ohne dass ein rechtlich ausschüttbarer Gewinn vorgelegen hat. Kennt ein Gesellschafter diesen Rechtsmangel, hat er den unberechtigt ausgeschütteten Betrag rück zu gewähren.

VI. Haftungsverhältnisse der Limited

Die Haftung einer Limited ist grundsätzlich beschränkt auf ihr Gesellschaftsvermögen. Die beteiligten Gesellschafter haften grundsätzlich mit den von ihnen erbrachten Einlagen. Verursacht der director einer Limited Schäden, die sich aus dem Verstoß gegen seine gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten ergeben, haftet er hierfür der Limited gegenüber. Wesentlich ist noch zu beachten, dass es Fälle des „piercing the corporate veil“ gibt, dies bedeutet, dass eine persönliche Haftung dann greift, wenn die Limited mit ihrer haftungsrechtlichen Beschränkung nachweislich nur zum Schein und eben wegen dieser Haftungsbeschränkung gegründet worden ist.

VII. Registerpflicht einer Limited in Deutschland

Um eine Zweigniederlassung im Sinne der §§ 13 d ff. HGB einer engl. Limited in Deutschland zu gründen, muss die Zweigniederlassung zu dem deutschen Registergericht angemeldet werden, in dessen Bezirk diese Zweigniederlassung gegründet werden soll und der gewerblichen Anzeigepflicht unterliegt. Die Anmeldung zum Handelsregister muss nach § 184 GVG in deutscher Sprache und notariell beglaubigt, § 12 HGB, vorgenommen werden. Zur Anmeldung der Zweigniederlassung sind die Gründungsunterlagen vorzulegen.

VIII. Buchführungs- und Bilanzierungspflichten der Limited

Eine Limited hat beim sog. Companies House u.a. den annual return, d.h. die jährliche Übersicht über die gehaltenen Geschäftsanteile sowie den annual account, die Jahresmeldung, einzureichen. Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann dies mit Geldbußen geahndet werden. Bei gravierenden oder wiederholten Zuwiderhandlungen drohen sogar Berufsverbote für Geschäfts- und Schriftführer oder als letztes Mittel der Wahl die Löschung der Limited.

IX. Besteuerung einer englischen Limited

Wenn eine englische Limited keine Zweigniederlassung in Deutschland betreibt und ihr Geschäftsbetrieb durchweg von Großbritannien aus geführt wird, beispielsweise durch Direktgeschäfte im Import- oder Exporthandel, besteht eine Steuerpflicht der Limited nur in Großbritannien. Verhält es sich dagegen so, dass die Limited in Deutschland eine Zweigniederlassung unterhält, dann ist sie sowohl nach englischem, als auch nach deutschem Recht steuerpflichtig. Die Rechtsfolge ist, dass sie in Deutschland sowohl Körperschafts- als auch Gewerbesteuer für die Zweigniederlassung zu entrichten hat. Deutschland und Großbritannien haben ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Das bedeutet z.B., dass die in Großbritannien gezahlte Körperschaftssteuer auf die in Deutschland zu entrichtende Körperschaftssteuer angerechnet werden kann.

Als Ergebnis lässt sich steuerrechtlich festhalten, dass sich die Besteuerung einer Limited nicht von der Besteuerung einer nach inländischem, d.h. deutschem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft, z.B. einer GmbH, unterscheidet.

B. Die Ltd. & Co. KG

Die Limited & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft. Bei geschickter rechtlicher Gestaltung lassen sich so die Vorteile einer englischen Limited mit der Rechtsform der deutschen Kommanditgesellschaft verbinden. Eine Kommanditgesellschaft (KG), kennzeichnet stets, dass sie aus einem Komplementär und einem oder mehreren Kommanditisten besteht. Der Komplementär haftet unbeschränkt mit seinem Vermögen, wohingegen der Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Einlage zur Haftung herangezogen werden kann. Bei einer Limited & Co. KG füllt die Limited die Position der Komplementärin aus. Dies bedeutet, dass der voll haftende Part der Gesellschaft wiederum eine Gesellschaft darstellt, deren Haftung auf ihr Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Ein wesentlicher Vorteil der Limited & Co. KG ist nicht nur, dass die Limited im Vergleich zur deutschen GmbH zur Gründung nicht mit einem Mindestkapital ausgestattet werden muss, sondern auch folgendes: Da die KG nach außen handelt und die Limited als solche nur eine Gesellschafterstellung hat, wird die Limited als non trading company betrachtet. Aus dieser Tatsache resultieren merklich verminderte bürokratische und Berichtspflichten.

Als Nachteil der Limited & Co. KG im Vergleich zur GmbH & Co. KG ist allerdings zu konstatieren, dass aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsform der Limited oftmals gewählt wird, um das Mindestkapital der GmbH zu vermeiden, der Limited & Co. KG u.U. eine geringere Bonität unterstellt wird.

Vorteile der Limited & Co. KG im Vgl. zur „normalen“ engl. Limited mit Zweigniederlassung in Deutschland sind jedoch z.B. folgende:

  • Die Verlustverrechnungsmöglichkeiten mit Einkünften aus anderen Tätigkeiten sind in der Regel besser
  • Entnahmen können unter Umständen keine verdeckten Gewinnausschüttungen darstellen
  • Ev. geringere Insolvenzmasse aufgrund besserer Gewinnentnahmemöglichkeiten
  • Wird die Limited als Komplementärin nicht wirtschaftlich aktiv tätig, kann es ausreichen, eine Nullbilanz, ein sog. Dormant Account, zu erstellen, sofern die Limited als solche keine Einnahmen erzielt.

Da Unternehmensgründungen einer fundierten rechtlichen Prüfung und Beratung, gerade auch im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Unternehmens bedürfen, wird empfohlen hierbei sachkundige anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

C. Erhalt der Niederlassungsfreiheit der Ltd. nach dem Brexit:

Ob die Niederlassungsfreiheit für engl. Unternehmen, insbes. für die Ltd. mit dem Brexit fällt, ist ungewiss und hängt ganz wesentlich von den Austrittsverhandlungen ab.

  1. Great Britain könnte im Verhandlungswege den Erhalt der Niederlassungsfreiheit für britische Unternehmen trotz EU-Austritt aushandeln. Das Eigeniteresse der britischen Regierung ergibt sich daraus, dass ohne diese Niederlassungsfreiheit die Gründung von Tochtergesellschaften engl. Unternehmen oder deren Verschmelzung mit deutschen erheblich aufwendiger und komplizierter würde.
  2. Großbritannien könnte mit der EU aushandeln, dass es dennoch im EWR (Europäischen Wirtschaftsraum) verbleibt. Der EWR ist eine vertiefte Freihandelszone zwischen der EU und der EFTA, bestehend aus Norwegen, Lichtenstein und Island. Daher spricht man von der „Norwegischen Lösung“.
  3. In Betracht kommt ebenfalls der Abschluss eines Staatsvertrages, der die Niederlassungsfreiheit erhält.

Da die ggf. erforderliche bzw. gewünschte Umwandlung der Ltd., etwa in eine GmbH, oder die Gründung einer neuen Gesellschaft juristisch durchdacht und mit Weitsicht angegangen werden sollten, ist es dem Inhaber einer Ltd. anzuraten, die Austrittsverhandlungen zu beobachten und sich ggf. gesellschaftsrechtlich durch einen insofern versierten Anwalt und u.U. zusätzlich durch eine Steuerkanzlei beraten und vertreten zu lassen.

Stand des Rechtstipps: 29.08.2016. Im Übrigen wird auf das Impressum verwiesen.

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