Freier Mitarbeiter – Vertragsgestaltung

Die Frage, ob ein bestehender Vertrag mit einem Mitarbeiter oder ein neu zu schließender Vertrag sowohl aus Arbeitgeber-, als auch aus Arbeitnehmersicht als Arbeitsvertrag oder als Vertrag mit einem freien Mitarbeiter zu qualifizieren ist, hat weitreichende rechtliche Konsequenzen.

Insbesondere gilt für Arbeitnehmer ggf. der Kündigungsschutz im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), damit ist auch grundsätzlich der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, vgl. § 48 ArbGG, und der Arbeitgeber ist unter anderem zur anteiligen Tragung von Sozialabgaben verpflichtet. Darüber hinaus hat er bei Arbeitnehmern Urlaub im Rahmen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) zu gewähren. Demgegenüber sind z.B. als praxisrelevanter Fall Entgelt- oder Honorarstreitigkeiten zwischen Firmen und freien Mitarbeitern vor den ordentlichen Zivilgerichten auszutragen.

Dieser Rechtstipp befasst sich mit der Abgrenzung der Arbeitnehmereigenschaft, d.h. eines abhängig Beschäftigten, von der des freien Mitarbeiters. Wenn die Parteien einen Vertrag über freie Mitarbeit wirksam zu schließen wünschen, wird empfohlen, einen sowohl im Arbeits- als auch Dienstvertragsrecht versierten Anwalt bei der Vertragsgestaltung bzw. -prüfung zuzuziehen.

Die Arbeitnehmereigenschaft wird definiert in § 5 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).

Der Gesetzestext lautet auszugsweise:

„(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 –Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.“

  • 5 Abs. 1 ArbGG differenziert zwischen Arbeitnehmern und arbeitnehmerähnlichen Personen. Beide Personenkreise sind dadurch gekennzeichnet, dass sie abhängige Beschäftigte und nicht selbständig tätig sind.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat unter anderem zur Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen von andern Rechtsverhältnissen folgende Grundsätze aufgestellt:

Arbeitnehmer ist demnach, wer auf der Basis eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Arbeitsverhältnis als solches ist ein Dauerschuldverhältnis. Es ist insbes. dadurch charakterisiert, dass die vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation vom Arbeitnehmer zu erbringen ist. Die Verflechtung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbes. darin, dass der Beschäftigte dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Ort, Zeit, Durchführung und Dauer der Tätigkeit betreffen. Der Arbeitnehmerbegriff ist insbes. dadurch bestimmt, dass der Beschäftigte gerade nicht im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit frei bestimmen kann.

Der Gesetzestext lautet auszugsweise:

„Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. „

Ein freier Mitarbeiter muss im Wesentlichen seine Arbeitszeit und seine Tätigkeit frei gestalten und bestimmen können.

Bei der Beurteilung, ob ein vorliegender Vertrag einen Arbeitsvertrag, oder einen solchen über freie Mitarbeit darstellt, sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Alle Klauseln des schriftlichen Vertrages und vor allem dessen reale Umsetzung sind in ihrer Gesamtheit zu würdigen, insbes. ergibt sich der jeweilige Vertragstyp aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Stehen die vertraglichen Vereinbarungen und die tatsächliche Umsetzung des Vertrages im Widerspruch zueinander, so ist für die Bestimmung der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses die tatsächliche Vertragsdurchführung maßgebend, vgl. BAG, Urteil vom 05.07.2000 – 5 AZR 888/98, Juris; BAG, Urteil vom 20.01.2010 – 5 AZR 106/09, AP Nr. 120 zu § 611 BGB Abhängigkeit.

Es ist im Vertragswortlaut darauf zu achten, dass der Mitarbeiter durchweg als freier Mitarbeiter bezeichnet wird. Der Begriff des Arbeitnehmers ist zu vermeiden. Jedoch ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nach der st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die zwingenden gesetzlichen Normen für Arbeitsverhältnisse nicht dadurch umgangen werden können, dass eine vom tatsächlich gewollten Vertragsinhalt abweichende Bezeichnung von den Parteien gewählt wird. Es gilt der Grundsatz: „Falsa demonstratio non nocet“.

Wollen die Parteien einen Vertrag über freie Mitarbeit schließen, so sind u.a. folgende Kriterien besonders zu beachten:

  • Es muss sich um einen Rahmenvertrag handeln, der nicht festlegt, in welchem genauen Umfang die vertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen ist.
  • Es muss sich um einen Rahmenvertrag handeln, der nicht festlegt, zu welchen Zeiten die vertragsgegenständliche Tätigkeit zu erbringen ist.
  • Darüber hinaus dürfen die Bedingungen, unter denen die vereinbarte Tätigkeit erbracht werden soll nicht im Einzelnen geregelt sein, d.h. dahingehende einzelfallbezogene Angaben sollten unterlassen werden.

Grundsätzlich unschädlich ist dagegen, wenn der Ort der Dienstleistung vertraglich geregelt wird und er gerade von der geschuldeten Tätigkeit abhängig ist. Die Eigenschaft als freier Mitarbeiter entfällt grundsätzlich nicht dadurch, dass der freie Mitarbeiter seine Dienste mit anderen Mitarbeitern des Dienstberechtigten und unter Verwendung der Einrichtung oder betrieblichen Gegebenheiten / Ressourcen des Dienstberechtigten zu erbringen hat. Z.B. sind Belegärzte oder Beleghebammen i.d.R. keine Arbeitnehmer, obgleich sie die Einrichtungen und Organisation eines Klinikums nutzen und mit den anderen Mitarbeitern des Krankenhauses zusammenarbeiten, vgl. BAG, Beschluss vom 21.02.2007 – 5 AZB 52/06, NZA 2007, 699; Urteil vom 26.06.1991 – 5 AZR 453/90, Juris; OLG München, Beschluss vom 29.03.2007 – 21 W 1179/07, Juris.

Wenn eine Arbeitnehmereigenschaft durch den Vertrag nicht begründet werden soll, so muss weiterhin vermieden werden, den Eindruck zu erwecken, dass der Beschäftigte eine arbeitnehmerähnliche Person nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist. Arbeitnehmerähnliche Personen, d.h. keine Selbstständigen, sind nach st. Rspr. des BAG Personen, die zwar nicht persönlich, jedoch wirtschaftlich abhängig sind. Hinzutreten muss, dass der wirtschaftlich abhängige Beschäftigte seiner gesamten Situation nach vergleichbar mit einem Arbeitnehmer schutzbedürftig ist und kumulativ die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind. Wirtschaftlich abhängig ist in diesen Fällen regelmäßig, wer auf die Bewertung seiner Arbeitskraft und das Einkommen aus der Tätigkeit für den Vertragspartner zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist, vgl. BAG, Beschluss vom 21.12.2010 – 10 AZB 14/10, Juris; BAG, Beschluss vom 21.02.2007 – 5 AZB 52/06, NJW 2007, 1709; Beschluss vom 14.09.1997 – 5 AZB 22/96, NZA 1997, 344.

Stand des Rechtstipps: 22.07.2016. Im Übrigen wird auf das Impressum verwiesen.

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